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Ein Ort für besondere Aufmerksamkeit

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Sr. Martina bastelt mit Kindern

Ein Ort für besondere Aufmerksamkeit – der Lerntreff in Duisburg Hochfeld

In Stadtteilen wie Duisburg Hochfeld, sind vor allem die Kinder Verlierer der Corona-Krise. Abstand halten, Kontakt reduzieren, Impfungen, Tests – all das und die vielen verschiedenen Meinungen dazu verunsichern. In Duisburg sind die unterschiedlichsten Akteure unterwegs, um über Corona, Schutz und Impfung aufzuklären. Und das in möglichst vielen Sprachen. „Die Verunsicherung ist zu spüren bei den Erwachsenen und Kindern, die ins Sozialzentrum kommen.“, berichtet Sr. Martina Paul, die mit einer kleinen Gemeinschaft von MSC-Schwestern in Duisburg-Hochfeld lebt. „Wie begegnen wir einander? Wenn ich nicht die Hand geben darf oder gar jemanden umarmen darf, wie komme ich in Kontakt? Ist kein Kontakt nicht vielleicht besser?“ 

Kinder als Verlierer der Corona-Krise

Der soziale Rückzug belastet die Kinder und Erwachsenen im Stadtteil gleichermaßen. Homeschooling war in den vergangenen Monaten dort möglich, wo Kinder in einem familiären Umfeld leben, das die Bedingungen dafür schaffen kann – und selbst dort, bleib es eine große Herausforderung. Wo Familien in sehr beengten Wohnungen mit vielen Familienmitgliedern leben, die Eltern sprachlich nicht in der Lage sind zu helfen und auch die technischen Voraussetzungen nicht gegeben sind, bleiben die Kinder die Verlierer der Krise. Die Folgen werden nun an den Grundschulen sichtbar, wie Schwester Martina durch Rückmeldungen von LehrerInnen weiß.

Sr. Martina mit Ki9ndern in Hochfeld

Deswegen hatte sie gemeinsam mit ihrem Team eine Idee:  jeden Nachmittag laden sie in das Sozialzentrum der Pfarrei bis zu acht Kinder ein. Diese werden durch ehrenamtliche Erwachsene, ältere SchülerInnen und StudentInnen besonders gefördert. So lernt jeweils ein Erwachsener für eine Stunde mit einem Kind. Danach darf zusammen gespielt werden. Das ist möglich, da die Kinder zu festen Zeiten und in festen Gruppen in den Lerntreff kommen. Die Kinder finden sich schnell zusammen und intensiv ins Spiel. 30 Minuten spielen die Kinder das, was sie möchten: Kicker, mit Puppen oder mit Lego. Dann spielen wir gemeinsam ein Gesellschaftsspiel. Die Kinder, die aus unterschiedlichen Ländern kommen, sind es gar nicht gewohnt, dass Erwachsene mit ihnen spielen und auch die Spiele sind vielfach nicht bekannt. Ein Lieblingsspiel der Kinder ist zur Zeit: „Zicke, zacke, Hühnerkacke“. 

Ein großer Hunger nach Beziehung

„Ich erlebe bei den Kindern einen großen Hunger nach Beziehung und Berührung,“ berichtet Sr. Martina, die selbst regelmäßig im Lerntreff dabei ist. „Manche Kinder springen auf uns zu und wollen uns umarmen. Die kann ich doch nicht abweisen.“ Ihr Eindruck ist, dass die Kinder die extra Portion Aufmerksamkeit, Nähe und liebevolle Zuwendung regelrecht aufsaugen.  

Und so bekommen die kleinen Nachbarn in Duisburg Hochfeld von den engagierten Erwachsenen ein bis zwei Mal pro Woche eine Stunde Zeit geschenkt. Schwester Martina erzählt von einer besonderen Begegnung. Ein kleiner Junge, der zum Lernen angemeldet war, kam zu ihr, sah sie an und legte dann einfach den Kopf auf den Tisch. 20 Minuten blieb er so liegen und antwortete auf keine Ansprache. Schwester Martina blieb bei ihm sitzen und sagte „Ich warte auf dich. Gibst du mir Bescheid wenn du soweit bist?“ Nach einer langen Weile hob der Junge den Kopf und sagte „Fertig. Jetzt können wir zusammen lernen.“ Wahrscheinlich gibt es heute wenig Räume in denen Kinder so in Ruhe Zeit und Möglichkeiten geschenkt bekommen können.

Aktuell hat der Lerntreff eine lange Warteliste. 

Fotos: Pohl, Text: Murböck