Direkt zum Inhalt
  • Blog

Missionsreise nach Salacuim, Guatemala

2-22
Sr. Leonor mit einer Familie im Norden Guatemalas

Seit Anfang März 2020 lebt Sr. Leonor Villate MSC aus Spanien in Guatemala. Sie kam kurz vor dem Lockdown der Coronapandemie an ihrem neuen Bestimmungsort an. Die Gemeinschaft der Missionsschwestern vom Hlst. Herzen Jesu in Guatemala ist klein. Hier wohnen drei Mitschwestern und eine junge Frau, die sich auf das Ordensleben vorbereitet, zusammen und teilen ihren Alltag, Gebet und ihre Mission. Gemeinsam bewegt sie die Spiritualität des Herzens Jesu. Für die Ordensfrauen in Guatemala bedeutet das den Wunsch, mit und unter den Menschen leben zu wollen. Ihren Alltag zu teilen, von ihren Bedürfnissen und Sehnsüchten zu erfahren und darauf zu reagieren. Eine besondere Gelegenheit dazu bot sich den Schwestern in der Kar- und Osterwoche. Sie reisten mit einer Gruppe von Laien, Ordensfrauen und Priestern in den Norden von Guatemala, zu einer Missionsreise in die Gegend von Alta Verapaz. Untergebracht waren sie in der Kapelle der kleinen Stadt Salacuim. Die Missionsschwestern erzählen beeindruckt von der atemberaubenden Landschaft dieser Gegend. Alles schien gigantisch dort: die Bäume, die Blumen, die Berge… nicht ohne Grund wird Guatemala das Land des ewigen Frühlings genannt. Die Bauern von Alta Verapaz brauchen keine Düngemittel. Die Böden sind sehr fruchtbar und Mais, Kaffee oder Bohnen wachsen hervorragend. Wer sein eigenes Stück Land besitzt hat Glück im Norden von Guatemala. Die Erde ist produktiv, wenn auch die Landarbeit oft beschwerlich ist, da die meisten Grundstücke an Berghängen liegen. Wer Land besitzt, hat immerhin etwas wovon er leben kann.

Sr. Patty auf dem Weg in ein Dorf in Guatemala

Dennoch ist die Landflucht in Guatemala ein großes Problem. Die Menschen ziehen auf der Suche nach Arbeit massiv in die Stadt. Mindestens genauso massiv ist die Migrationsbewegung in Richtung USA. Die Leute versuchen die Grenze in die USA auf irgendeine Art und Weise zu überqueren, oft auch zu Fuß durch getrocknete Flussbetten oder die Wüste. Die Reise ist gefährlich. Viele Menschen schaffen es nicht bis in die USA. Und ebenso viele werden regelmäßig aus den USA wieder abgeschoben und machen sich trotzdem erneut auf den Weg dorthin. „Der Wunsch im Ausland Arbeit zu suchen und die Familie unterstützen zu können ist sehr groß“, berichtet Sr. Leonor. Man sieht es sogar an der Qualität der Wohnhäuser der Familien in Guatemala, wer Verwandte in den USA hat und wer nicht. Die Stadt Salacuim, die die Missionsschwestern kennenlernten, verfügt bereits über Elektrizität. Aber ein großes Problem für die Menschen dort ist das fehlende fließende Wasser. Sie nutzen das Wasser aus Brunnen und sammeln und recyceln Regenwasser. Besonders in der trockenen Jahreszeit ist das ein Problem und hygienisches Risiko. Überhaupt ist die Wasserversorgung in Guatemala ein großes Problem. Teile des Landes gehören zu einer Trockenzone mit wenig Regenfällen. Schwester Patty, eine junge MSC-Schwester aus Guatemala, Theologin und angehende Sozialarbeiterin ging gemeinsam mit einer anderen jungen Frau zu Fuß in einen weiter entfernten Teil der Gemeinde. Der Fußweg war so weit, dass es ihnen unmöglich war noch am selben Tag nach Salacuim zurück zu kehren. Also blieben sie über Nacht in dem abgelegenen Dorf. Sie besuchten die Familien dort, hörten zu und versuchten zu verstehen, was die Probleme und Sorgen der Menschen dort sind. So erfuhren sie, dass das größte Problem die fehlende Straße bis zum Dorf sei. Die Bauern des Dorfes bauen Kardamom für den Export an. Und jedes Mal, müssen sie ihre Ernte zu Fuß einen ganzen Tagesmarsch lang tragen bis zu einer Straßenkreuzung, an der ihre Ware abgeholt werden kann. Außerdem beklagten die Familien die schlechte Bildungssituation. Zwar gibt es in Salacuim eine weiterführende Schule, aber in den abgelegenen Siedlungen – wenn überhaupt – nur Grundschulen. Diese wurden mit Beginn der Pandemie geschlossen. An digitale Alternativen des Unterrichts ist dort nicht zu denken. Die Lehrer blieben einfach weg und viele sind bis jetzt auch nicht wiedergekommen. So gehen die Kinder seit über zwei Jahren einfach nicht mehr zur Schule. Ein 12jähriges Mädchen erzählte Schwester Patty: „Ich habe zwei Möglichkeiten, wenn ich etwas lernen will. Entweder ich gehe in die USA oder ich gehe in die Stadt.“

MSC Schwestern mit Jugendlichen Guatemala

Auf dem Land haben Jugendliche und vor allem junge Frauen und Mädchen kaum Chancen. Die Gesundheitsversorgung ist katastrophal. Menschen sterben an den einfachsten Erkrankungen wie z.B. an Durchfall. Es gibt eine hohe Rate an Unterernährung bei Kindern in Guatemala. 52% der Kinder zwischen 0-6 Jahren unterernährt. Trotz all der Härte des täglichen Lebens kamen die Missionsschwestern tief berührt von ihrem Besuch dort zurück. Sie erzählen von der tiefen Solidarität und Herzlichkeit der Menschen. Die Leute teilten das wenige, was sie haben von Herzen. Besonders die langen Feste und Gottesdienste zur Osterzeit beeindruckten sie sehr. Schwester Patty erzählt: „Wir haben Gottesdienste gefeiert mit Kindern, Jugendlichen, Frauen. Manchmal haben wir uns aufgeteilt. Wir haben die Kranken besucht. Wir haben die Menschen einfach zu Hause besucht, sind dortgeblieben, haben zugehört, manchmal auch übernachtet. Manche Familien haben uns sogar zu Essen gegeben, obwohl sie selber so wenig haben. Es ist sehr eindrücklich: alles was es dort in den Siedlungen gibt, haben die Leute da aus eigener Kraft aufgebaut. Die Verwandten aus den USA schickten Geld um die Straßen und Wege auszubauen, Häuser aufzubauen und mancherorts eine Kapelle.“ Für die MSC Schwestern in Guatemala waren diese Begegnungen ein Geschenk. Sie haben den tiefen spirituellen Wunsch mit und unter den Menschen zu leben. Ihnen nahe zu sein. Und ihre Realität zu kennen. In Guatemala gibt es viel Leid, viel Tod mitten im alltäglichen Leben. Schwester Leonor beschreibt ihre Sehnsucht, die Menschen in ihrer Hoffnung motivieren zu wollen. „Ich möchte ihnen Atem geben, ihnen sagen, dass es nicht für immer so schlimm bleiben wird.“

MSC Schwester hält das Baby einer jungen Mutter In Guatemala

Die MSC Schwestern in Guatemala bereiten zwei konkrete Hilfsprojekte für ihre Mitmenschen vor. Zum einen ein Bildungsprojekt für junge Frauen und Mädchen, die die weiterführende Schule besucht haben. Sie sollen unterstützt um sich Ausbildung und Studium ermöglichen zu können. Viele junge Frauen werden schwanger und haben dann – oft als alleinerziehende – keine Chance mehr sich zu bilden. Das zweite Projekt nimmt das Thema Unterernährung in Guatemala in den Blick. Schwester Leonor wird als gelernte Krankenschwester die Familien in der Gesundheitsversorgung unterstützen. Die Schwestern sind überzeugt: „Wir gehen kleine Schritte voran, damit die Familien ihr Recht auf die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse bekommen!“

Anna Murböck