Erneuter Start der Grundschulgottesdienste in Duisburg Hochfeld
Sr. Martina lebt mit ihrer MSC-Gemeinschaft mitten in einem sozialen Brennpunkt in Duisburg-Hochfeld. Als Gemeindereferentin engagiert sie sich in der Pfarrei und dem Pfarrei-Sozialzentrum und leitet die Gottesdienste für die drei Grundschulen des Stadtteiles.
Was fällt dir zurzeit besonders an den Schulkindern bei euch in Duisburg auf?
Seit die Corona-Pandemie zu unserem Alltag gehört, beobachte ich bei den Kindern hier zwei sehr unterschiedliche Reaktionen. Einige haben Angst sich anzustecken und dann ihre Geschwister, Eltern und Großeltern anzustecken. Andere sind ganz unbeschwert, weil es für ihre Familien Corona gar nicht gibt. Aber allgemein erlebe ich die Kinder als verunsichert. Sie wissen nicht so recht, wie sie Kontakt aufnehmen können oder dürfen. Darf ich mein Gegenüber umarmen? Oder überhaupt berühren? Und wie reagieren wir Erwachsenen dann darauf? Mir ist es auch sehr wichtig, dass ein Kind, dass freudig auf mich zuspringt, sich durch meine Reaktion nicht zurückgewiesen fühlt.
Seit diesem Herbst kommen ja wieder die GrundschülerInnen zu euch in die Gemeinde. Wie ist es dazu gekommen?
Ja, seit diesem Schuljahr haben die Schulgottesdienste wieder bei uns begonnen. Ich freue mich sehr darüber, vor allem, weil die 3 Grundschulen des Stadtteiles die Initiative dazu ergriffen haben. Ein Jahr lang gab es überhaupt keine Schulgottesdienste. Jetzt kommen sie wieder zu uns in die Kapelle des Sozialzentrums.
Durch die Corona-Vorgaben ist ja bestimmt einiges anders als früher. Wie gehst du damit um?
Wenn die Kinder auf ihren Plätzen sitzen, dürfen sie den Mundschutz ausziehen. Aber wir singen nicht mit ihnen in der Kapelle. Das ist schon sehr einschränkend. Gerade mit kleineren Schülerinnen und Schülern. Unser Kirchraum ist recht klein. Aktuell dürfen maximal bis zu 15 Personen kommen. Ich feiere die Gottesdienste ökumenisch für die 3. und 4. Klassen. Wenn die Gruppen größer sind, oder die Schulen es wünschen, komme ich auch zu ihnen und feiere einen Gottesdienst im Schulgarten oder in der Aula.
Und wie heißt du die Kinder bei euch in der Kirche Willkommen?
Es gibt da viele Rituale, die ich im Laufe der Jahre eingeführt habe. Wenn die Kinder zum allerersten Mal zu uns kommen, begrüße ich sie draußen vor der Kirche. Dann schauen wir uns die Kirche von außen an und lauschen dem Glockenklang. Wo kommt er her, was bedeutet er...? Wenn wir danach zusammen in die Kirche hineingehen, hören wir auf zu reden. Wir betreten „heiligen Boden“. Die Muslime waschen sich, bevor sie den Gebetsraum betreten. Wir Christen hören auf zu reden, wenn wir in die Kapelle gehen. Wir machen diesen Schritt ganz bewusst. Wir betreten einen anderen Raum. Die Kinder entwickeln in der Regel schnell ein Gespür für Innen und Außen.
Was machst du mit den Kindern in der Kirche, wenn ihr nicht zusammen singen dürft?
Jeden Gottesdienst beginnen wir mit einer Stilleübung. Wir zünden eine Kerze an, stellen uns fest auf beide Füße, suchen eine Stelle, wo wir hinschauen und werden einen Moment ganz still. Das dauert maximal eine Minute. Die Zeit variiert, je nach dem wie unruhig die Kinder sind. Es hilft uns Erwachsene und Kinder beim „Ankommen“ vor Gott. Die Kinder haben von Natur aus ein tiefes spirituelles Empfinden. Es ist toll, wenn ich dann sehe, wie tief sie in die Ruhe und Stille eintauchen. Dann decken wir gemeinsam den Tisch. Wir bereiten den Altar vor, bringen Blumen und Kerzen herbei. Und lassen erneut die Glocke, diesmal eine kleine, die in der Kapelle hängt, läuten. Ich bringe auch immer einen Text aus der Bibel mit. Manchmal ist es auch nur ein Vers oder ein Gedanke daraus. Mir ist wichtig, dass die Kinder gut folgen können. Dann versuchen wir gemeinsam zu verstehen, was Gott uns damit sagen will. Letztens ging es zum Beispiel um das Gleichnis der Arbeiter im Weinberg. Wir haben dann darüber gesprochen was die Kinder als fair und gerecht empfinden. Und was Jesus wohl mit dieser Geschichte sagen will?
Gibt es auch partizipative Elemente?
Zum festen Ablauf gehört für mich auch immer ein Fürbitt-Gebet. An wen denke ich gerade? Für wen möchte ich beten? Mein Eindruck ist, dass dieses Element den Kindern sehr gut tut. So ein Grundschulgottesdienst dauert nicht länger als 20 – 30 Minuten. Das Schlusslied singen wir dann draußen oder im großen Saal des angrenzenden Sozialzentrums. Wir singen dann gerne ein Lied mit Gesten, oder einen Wechselgesang in einer afrikanischen Sprache. Trotz der Beschränkungen sind wir froh, dass die Gottesdienste überhaupt wieder regelmäßig stattfinden können!
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Anna Murböck. Fotos: Pohl